Angst vor der neuen Norm ?
Die überwiegende Anzahl aller Modellflugpiloten haben im Verlauf der letzten Jahre ihre alte Fernlenkanlage ersetzt durch eine neue, die im erheblich höheren 2,4 GHz Frequenzband arbeitet. Sie haben das getan, weil einige bedeutende Vorteile versprochen wurden. Diejenigen, die den Wechsel vollzogen haben, konnten das im Wesentlichen bestätigen.
Die Hauptvorteile lassen sich wie folgt zusammenfassen:
- Störungen durch gleichzeitigen Betrieb von legal betriebenen 2,4 GHz Fernsteuer-Sendern gibt es nicht. Der Pilot kann seinen Sender einschalten, ohne Rücksicht nehmen zu müssen auf andere Piloten.
- Störungen durch interne und externe Ursachen sind erheblich weniger geworden. Ganz verschwinden werden Störungen nie, weil die Aussage stimmt, dass es keine Funkanlage gibt, die nicht gestört werden könnte.
- In dem zur Datenübertragung angewandten Verfahren ist ein Rückkanal implementiert, der zu Online-Telemetriezwecken benutzt wird.
- Die Sende- und Empfangsgeräte sind vergleichsweise preiswert bei sehr guten Spezifikationen, weil ausgereifte und in Millionen Stückzahlen produzierte Bauteile aus dem Telekommunikationsbereich eingesetzt werden.
Weil im 2,4 GHz ISM Band eine grosse Anzahl unterschiedlicher Nutzer aus den Bereichen Industrie, Wissenschaft und Medizin angesiedelt ist, muss es eine übergeordnete Instanz geben, von der die technischen Rahmenbedingungen festgelegt werden, denen alle Nutzer unterworfen sind. Diese Aufgabe ist wirklich nicht einfach, weil die verschiedenen Nutzer zum Teil völlig konträre Anforderungen vorbringen.
Die Bewältigung dieser schwierigen Aufgabe obliegt der ETSI (European Telecommunications Standards Institute oder Europäisches Institut für Telekommunikationsnormen ) mit Sitz in Sophia Antipolis bei Nizza. ETSI ist eine gemeinnützige Organisation, welche offiziell von der EU als Europäische Organisation für Normung anerkannt ist. Sie soll weltweit anwendbare Standards für die Informations- und Kommunikationstechnologien schaffen. Das macht sie auch für den kleinen Teilbereich, den das 2,4 GHz Band darstellt.
Zunächst dachte niemand an die Modellflieger. Später wollten einige Nutzer des 2,4 GHz Bandes sie sogar verbannt wissen, weil sie so garnicht in das gängige Telecommunications-Schema passen wollten. Die EMIG-RC (European Manufacturer & Importer Group / Radio Control, www.emig-rc.de) trat vehement für die Interessen der Modellflieger ein. Die waren fortan nicht mehr zu übersehen. Die Mitglieder der EMIG-RC sind Vertreter der Modellbau Industrie, (AKMOD GmbH, Graupner/SJ GmbH, LRP electronic GmbH, robbe Modellsport GmbH & Co. KG, Revell GmbH & Co. KG, Weatronic GmbH) der beiden Modellflug Verbände DAeC und DMFV und seit Kurzem RC-Network Modellsport e.V.
Die Normungsarbeit der ETSI brachte die europäische Funknorm EN 300 328 V1.7.1 hervor. Diese Norm hatte Gültigkeit bis zum 31. Dezember 2014. Ab 1. Januar 2015 tritt die Version V1.8.1 in Kraft.
Das macht einigen Modellfliegern Angst. Sie befürchten, dass die teilweise weitreichenden Änderungen technischer Art zu einem Nutzungsverbot der vor dem 1. Januar 2015 gekauften Anlagen führen könnte. Daher ist für den Modellflieger, der auf 2,4 GHz umgestiegen ist, wichtig zu wissen, dass er seine vor dem 1. Januar 2015 gekaufte Anlage ohne Einschränkung weiter benutzen darf.
Die Anlage hat Bestandschutz. Eine andere Frage, die einige Modellflieger für sehr wichtig erachten, ist diese: kann mein alter V 1.7.1 Sender mit neuen V 1.X.1 Empfängern zusammen arbeiten? In aller Regel ja, im Zweifel muss das mit dem Hersteller besprochen werden. Es sind Update Möglichkeiten denkbar, die einen V 1.7.1 Sender zu einem V 1.8.1 Sender machen.
Soll man, wenn möglich, dieses Update unbedingt machen lassen? Nun, es schadet nicht, und beim Steuern eines Modellflugzeuges wird man keinen Unterschied bemerken. Es gibt dennoch einen positiven Effekt: der Sender wird „freundlicher“ zu anderen Sendern, weil er erst prüft, ob der gewählte Kanal frei ist bevor er sendet. Je mehr „freundliche“ Sender im Laufe der Zeit in Betrieb sind und je mehr „unfreundliche“ Sender, die nicht prüfen, verschwinden, desto besser ist es für die Gesamtsituation, weil die Gefahr von Datenkollisionen abnimmt.
Mit der EMIG-RC haben die Modellflieger eine Lobby, die weiterhin wachsam ist und im Rahmen ihrer Möglichkeiten bemüht ist, Modellflug schädlichen Entwicklungen bei der Normungsarbeit der ETSI entgegen zu wirken.
Dieter Perkuhn
Kompetenzreferat Funk im Deutschen Modellfieger Verband e.V.