In aller Munde
Der F-Schlepp, das älteste Sportreferat im DMFV, erlebt kurz vor seinem 50. Jubiläum im nächsten Jahr ein echtes Comeback. Ein erstarktes Teilnehmerfeld mit 54 angemeldeten Piloten, spannende Durchgänge bis zum Finale, dazu jede Menge Sportsgeist, aber vor allem Flugleistungen auf Topniveau und Kameradschaft, wie man es sich im Sport eindrucksvoller nicht vorstellen kann – das zeichnete die diesjährige Deutsche Meisterschaft in dieser Sparte aus.
Gastgeber der diesjährigen Deutschen Meisterschaft F-Schlepp war die LSG Mücke im Vogelsbergkreis, unweit von Gießen. Der Verein hat jahrzehntelange Wettbewerbserfahrung im DMFV und verfügt über ein großzügiges Fluggelände sowie Parkmöglichkeiten zur Unterbringung aller Teilnehmer und Gäste. Das Vereinsgelände inmitten Deutschlands ist damit aus allen Himmelsrichtungen zentral gelegen und verfügt über eine tolle Panoramaaussicht auf den Vogelsbergkreis. Für den 1. Vorsitzenden Thorsten Stier sowie seine Vereinskolleginnen und -kollegen ist es kein einfaches Unterfangen, eine solche Deutsche Meisterschaft zu stemmen. Nicht selten sah man manche Gesichter des Vereins in Doppelfunktion. So wird es immer schwieriger, überhaupt noch Vereine zu finden, die oder besser deren Mitgliederbestand in der Lage und gewillt ist, eine Meisterschaft mit zu organisieren.
Das Training
Bereits am Wochenende zuvor reisten die ersten Teams an, um sich in Trainingsflügen mit dem Flugplatz und dessen Luftraum vertraut zu machen. Bis zum Mittwochabend waren schließlich alle Teams vor Ort. Die Trainingstage waren mitunter von böigem Wind geprägt und Crosswind – mal abgesehen von den vielen Regenschauern, die der Frühsommer 2024 bereithielt. Am Tag vor dem Wettbewerb entschlossen sich einige Teams gar nicht zu fliegen, denn Crosswind und so manche Leewalze erhöhten auch das Risiko von Schäden.
Der Abend vor dem ersten Wettbewerbstag ist zugleich der erste Auftakt im gemeinsamen Festzelt. Hier wird nicht nur die Startreihenfolge der Teams ausgelost, sondern auch die Meisterschaft offiziell eröffnet. Erneut unter der Leitung vom Referentenduo Claus Borst und Michael Franz, beides inzwischen erfahrene Ehrenamtsträger des DMFV, die mit gewohnter Souveränität die Teilnehmer und Gäste begrüßten. Leider waren die Wetterprognosen derart schlecht, dass man gar befürchtete, man könne nur zwei Durchgänge während des gesamten Wochenendes erfliegen. Mit dieser Prognose im Gepäck wurde bereits ein Briefing am Folgetag um 8.30 Uhr beschlossen, um keine fliegbare Zeit zu verlieren.
Wetterkapriolen
Wie erwartet, startete der erste Tag mit Regen und so wurde der Start auf 10 Uhr verlegt. Das Team Kempf/Müller durfte einen Testflug starten, da es aus familiären Gründen zuvor keine Gelegenheit für einen Trainingsflug hatte. Eine tolle Geste der Referenten und Teilnehmer zugleich, solche Dinge kurzerhand abzustimmen und natürlich im Rahmen der Fairness positiv zu entscheiden. Den Auftakt machte das Juniorteam Tim Körte und Felix Koch, 13 und 14 Jahre alt, aus dem Raum Ertingen. Als erstes Team zu starten ist nie einfach, aber die Coolness der beiden Youngster war schon bemerkenswert und deren Flugleistungen umso mehr. Schön, dass im DMFV auch inzwischen eine starke Jugend den Wettbewerb bereichert. Und Platz 15 am Ende war auch eine fantastische Leistung. Der Ventus mit 5.500 Millimeter Spannweite von Felix wurde von einer Wilga im Maßstab 1:3 gekonnt geschleppt, Chapeau Jungs, eine tolle Leistung.
Neben bekannten Teams wie dem Vater-Sohn-Gespann Andreas und Rafael Rybski, Claus Borst und Rolf Rausch, Wolfgang Riedel und Ralf Maria Strübel gab es auch weitere Revivals wie das von Burkhard Wagner und Michael Franz. Die beiden waren schon vor vielen Jahren sehr erfolgreich unterwegs und Burkhard präsentierte eindrucksvoll eine Morane MS 505. So konnten nach weiterer Regenunterbrechung am ersten Wettbewerbstag zwei Durchgänge und Durchgang drei mit zwölf Startern absolviert werden.
Neue Ausschreibung
Mit Spannung wurde die Umsetzung der neuen Ausschreibung erwartet. Neben den klassischen Bewertungskriterien vom Start über die Platzrunde sowie den Platzüberflug bis hin zum Seilabwurf des Motormodells samt Landung und Verfahrenskurve des Segelflugmodells samt Landung ist die Ausschreibung beinahe revolutionär. Nach 49 Jahren gibt es die Abweichung ab Durchgang drei bis Ende zu weiteren Kürfiguren, etwa der M-Figur als Platzrunde oder der Möglichkeit, den Platzüberflug durch einen Vollkreis oder ein Oval zu erweitern.
So entschieden sich manche Teams gar zu der neuen M-Figur und einem Vollkreis, einfach um ihre Platzierung möglicherweise dadurch nach vorne schnellen zu lassen, andere setzten wiederum auf die klassische Variante der Durchgänge eins und zwei. Erstaunlich war dabei, wie nahezu perfekt die neuen Kürfiguren jener Teams geflogen wurden, die sich dieser Herausforderung annahmen. Durch die neue Ausschreibung bekam die F-Schlepp-DM ein völlig neues Bild und wird sicherlich auch künftig hierdurch an Attraktivität gewinnen. Bereits vor den Durchgängen drei konnten die Kürvarianten abgefragt werden, sodass sich die Judges entsprechend auf den Wertungsflug vorbereiten konnten.
Bei den Punktrichtern trafen alte Bekannte auf neue Gesichter. Es war schön zu erfahren, dass motivierte Nachwuchspunktrichter bereits in der Anlernphase sind. Walter Schertler, Norbert Schmidtner, André Schneider, Lorenz Rüssel und Charly Uhl bildeten hier die fünf Säulen der Punktebewertung in Mücke. Anspruchsvolle Wetterbedingungen verlangen auch den Punktrichtern einiges ab, weshalb der Arbeit höchster Respekt für die stundenlange Ausdauer bei 60 Flügen und mehr an nur einem Tag gilt. Schön zu sehen, dass der gastgebende Verein hier durch die entsprechende Versorgung für Konzentration und Motivation gesorgt hat.
Modellvielfalt
Das fliegerische Event einer solchen DM ist das eine, aber die Vielfalt an Modellen sicherlich das Salz in der Suppe. Wenn Oldtimer auf GFK-Superorchideen treffen, wenn Schleppmodelle in Reihe stehen und auf den Start warten, dann ist das auch ein Garant für einen abwechslungsreichen Wettbewerb. Nicht weniger als zehn Sternmotoren sorgten für Ohrenschmaus neben den bekannten Zwei- und Vierzylinder-Benzinern. Auffallend war auch die Zunahme von Bordanlassersystemen. Das ist nicht nur eine Frage der Sicherheit, sondern auch der Zuverlässigkeit und Zeitersparnis beim Start der Stoppuhr im jeweiligen Durchgang. Die Rahmenzeit wurde inzwischen aufgrund der neuen Kürfiguren auf 11 Minuten erweitert und kein Team hat sie überzogen.
Die Segelflugmodelle waren sehr durch Alexander-Schleicher-Nachbauten geprägt, vor allem durch die ASK 21 und 23. Im großen Maßstab 1:2,5 waren diverse Modelle vertreten. SZD 59 und SZD 50 aus dem Hause HB Modellbau, Akrosegler wie die SH2H von DG Modellbau oder die große BLANIK von Bruckmann bereicherten die Flightline ebenso wie der große Duo Discus von Horky oder die ASG 32 von Tomahawk. Aber auch Eigenbauten wie die KA 3 im Maßstab 1:2 von Ralf Wunder oder die Wassner S30 Pijve von Ralf Maria Strübel waren echte Hingucker.
Wettkamptag zwei
Entgegen der Wetterprognosen startete der zweite Tag trocken und – umso erfreulicher – blieb dies auch entgegen aller Vorhersagen so. Der Crosswind nahm deutlich zu und zeigte sich wechselfreudig, sodass nicht weniger als fünfmal die Startrichtung geändert wurde. So kam es dann auch, dass das Team Steinweg/Weitz Rückenwindpassagen im Endanflug erwischte. Das ist nicht schön, lässt sich aber nicht vermeiden.
Da Durchgang drei in umgekehrter Reihenfolge gestartet wurde, zeichnete sich bereits eine Tendenz, wer das Rennen machen könnte. Allen voran die neue Teamkonstellation Thomas Höchsmann und Gernot Bruckmann. Hatte Gernot vor einigen Jahren Thomas in die Welt des Segelkunstflugs eingeladen, so war es in diesem Jahr umgekehrt. Dass die beiden Piloten dermaßen überlegen mit 100er-Wertungen durch die Durchgänge marschierten, war schon eine kleine Sensation. Schließlich ist Gernot noch nie eine F-Schlepp-DM zuvor mitgeflogen. Er präsentierte sich hier in seiner gewohnt sympathischen kameradschaftlichen Art und Weise und auch das ist ein schönes Vorbild für eine angenehme Wettbewerbskultur in einem Verband.
Das Team Markus Kellerer und Dominik Grebe trat erneut mit einem neuen Segelflugmodell im Gespann an. Auch diese beiden Piloten sind jederzeit für eine 100er-Wertung gut. Ihre Überlegenheit aus vielfachen Meistertiteln ist einfach spürbar und diese Souveränität sieht man beiden beim Zuschauen an. Ebenso wie Rückkehrer Ulf Reichmann und dessen Schwiegersohn Dominik Braun. Sie absolvierten konstant gute Flüge und die langjährige Erfahrung beider spiegelte sich auch in den Punkten wider.
Zwar bedeutet eine Topleistung in Durchgang eins nicht zwangsläufig auch eine in den folgenden Durchgängen. Dennoch ist ein gewisser Zusammenhang unverkennbar. Auch die Schwierigkeiten im Luftraum mit Crosswinden und Leewalzen fallen bei den erfahrenen Teams weniger ins Gewicht als bei den Newcomern. Im Großen und Ganzen waren es über einen Durchgang hinweg recht gleiche Bedingungen, was natürlich aus Sicht der Teilnehmer wünschenswert ist, aber keineswegs selbstverständlich.
Coaching
Nicht zu unterschätzen ist bei vielen Teams das Coaching anderer Teilnehmer, nicht selten stehen immer dieselben Coaches an der Flightline. Dabei entscheidet jedes Team selbst, ob es sich coachen lässt. Schaden kann es nicht – im Gegenteil. Gerade am Anfang muss man sich auf so viele Kleinigkeiten konzentrieren, dass dabei manches Mal der Flugkorridor und dessen Einhaltung aus dem Fokus gerät. Im Übrigen beruhigt ein Coach ungemein und gibt wertvolle Tipps. Toll zu sehen, wie Markus Kellerer und auch Gernot Bruckmann ihre Erfahrung an junge Teams weitergeben. Neben diesen beiden Piloten gab es auch unzählige andere, ohne deren Engagement es der Nachwuchs deutlich schwieriger hätte.
Das große Finale fiel leider den Regenschauern am letzten Wettkampftag zum Opfer und so wurden die besten vier aus fünf Durchgängen gewertet. Dabei ist es ganz egal, ob Platz 1 oder Platz 25 – jedes Team hat seinen verdienten Platz in dieser Meisterschaft, was auch DMFV-Vizepräsident Marc Dallek betonte. Die beiden Referenten Claus Borst und Michael Franz bewiesen ihr Können auf und neben der Flightline und so dürfen wir gespannt sein, wohin die Reise zur 50. Internationalen Meisterschaft geht. Das älteste Referat im DMFV hat nichts von seiner Strahlkraft verloren, im Gegenteil, es verdient die bestmögliche Unterstützung.
Christoph Fackeldey
Fotos: Michael Bremen, Christoph Fackeldey