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Mit Kopf und Herzblut: Wie Klaus Ernst zum Modellflug kam

In am 16. Mai 2017
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Allgemein sagt man von einem Widder, dass er das bekommt, was er sich in den Kopf gesetzt hat. Und bei Klaus Ernst trifft das laut eigener Aussage auch zu. Der 65-Jährige ist schon seit Jahrzehnten Modellflugsportler mit Leib und Seele. Viele kennen seine einmaligen Eigenbauten, allen voran seine Remorqueur DR 400, die er bis ins kleinste Detail dem manntragenden Original nachgebildet hat. Doch die Modellfliegerei ist bei Weitem nicht die einzige Leidenschaft von Klaus Ernst.
„Wenn ich eine Sache anpacke, dann führe ich es mit Kopf und viel Herzblut aus. In den 1970er-Jahren betrieb ich intensiv Karate-Kampfsport und beteiligte mich als 1. Dan bei den Bundesliga-Aufstiegskämpfen. In der Tailfinger Sportakademie trainierte ich die japanische Schwertkampfart Kendo.“ Obwohl das zunächst recht spartenfremd klingt, hat Ernst schon seit Längerem eine Verbindung zur Fliegerei. „Ich erlangte als Gründungsmitglied der manntragenden Drachenflieger den Flugschein. 1973 brachte mich ein Phantom-Pilot zum Modellfliegen, der als Mieter bei mir im Hause wohnte. Durch ihn lernte ich mit einem Kumulus-Segelflieger von Graupner mit Motoraufsatz das Lenken und Steuern eines Flugmodells.“
Heimatverbunden
Schnell war der im bayerischen Nersingen geborene und noch immer lebhafte Ernst mit dem Modellflug-Virus infiziert. „Ab da bauten und flogen wir zusammen die gleichen Modelle, so oft es ging. All die von mir ausgeübten Sportarten gaben mir nicht die Ausgeglichenheit und die Erholung, die ich neben meiner Selbständigkeit brauchte. Erst durch das Bauen und erfliegen meiner Flugmodelle konnte ich im Keller oder auf dem Modellflugplatz abschalten. Schon damals traf ich die Entscheidung, dass ich dieses Hobby auch als Rentner ausübe werde, solange es die Gesundheit zulässt.“
Und über die Jahre hat der selbstständige Kaufmann natürlich so einige Erfahrungen sammeln dürfen. Er wechselte die Modelle mit ihren Flugeigenschaften vom Huckepackflieger zur Kunstflugmaschine und vom Warbird zum Doppeldecker, um nach einem Ausflug zum Seglerschleppen bei Motor-Semi-Scale-Modellen hängen zu bleiben. „Die Liebe zum naturgetreuen Nachbau und Fliegen bekam ich mit dem Bau eines Doppeldeckers Namens Waco. Diesen Bausatz mit 1.600 Millimeter Spannweite brachte mir der Phantom-Pilot 1973 aus den USA mit. Wir bauten gleichzeitig im gemeinsamen Bastelkeller und ergänzten uns gegenseitig beim Bauen und Fliegen. In dieser Zeit lernte ich das feinfühlige und exakte Fliegen, Starten und Landen.“
Fliegerstaffel
Und mit der Waco verbindet Ernst besondere Erinnerungen. Denn die tollen Flugeigenschaften des kleinen Modells brachten ihn dazu, den Doppeldecker in verschiedenen Varianten bis 1989 fünf Mal zu bauen, bis er schließlich eine Spannweite von 3.000 Millimetern hatte. „Größer konnte ich zur damaligen Zeit nicht konstruieren, da die Waco mit dem 100er-Boxermotor 18,9 Kilogramm wog und nahe an der 20-Kilogramm-Grenze kratzte.“
Doch die Modelle wurden nicht nur größer, sondern mit jedem Neubau verbesserten sich auch der Aufbau und die Flugeigenschaften. „Beim Bau der 3-Meter-Maschine ging ich von Anfang an ins Detail und versuchte so nah wie möglich an das Originalaussehen heran zu kommen. Dies war sehr schwierig, denn zu dieser Zeit gab es weder Internet noch Computerbilder von Flugzeugen in Amerika. Durch Brief-Kommunikation in die USA erhielt ich Bildmaterial einer Waco mit einer Fallschirmlackierung die sehr auffallend und auch aufwändig war.“ Und genau diese Lackierung sollte seine Waco haben. Eine Herausforderung, bei der Ernst fast verzweifelt wäre, doch er hat die Lackierung letztendlich hinbekommen – mit viel Geduld. Ab 1999 nahm er mit dem Doppeldecker an der Deutschen Meisterschaft Motor Großmodelle teil und hielt sich mit diesem Modell immer tapfer unter den ersten zehn Teilnehmern. Auch heute noch ist die Waco einsatzbereit und flugtüchtig.
In den Verein
Eine andere Herausforderung war der Seglerschlepp. „1980 bauten Wolfgang Henseler und ich je eine Rödel-Piper mit 2.200 Millimeter Spannweite zum Schleppen. Hintendran hängten wir entweder meine Ka-6 von Rödel oder Wolfgangs Salto von Hegi. Wir suchten in der Nähe eine frisch gemähte Wiese, auf der wir Starten und Landen konnten und gingen so zusammen an den Wochenenden zum Fliegen.“ Doch die Wiesen boten keine idealen Bedingungen und so trat Ernst 1983 als Gründungsmitglied in den nahe gelegenen Modellfliegerverein ein, der dem DMFV angeschlossen wurde.
„1985 baute ich eine größere Schleppmaschine Namens GNOM nach Bauplan von Klaus Nietzer. Der darin eingebaute 50-Kubikzentimeter-Solo-Benzinmotor zog alles in die Höhe, was Flügel hatte. Mit diesem Schlepper begann eine neue Art des Modellfliegens. Keine Rollen, kein Messerflug oder wahllose Flugfiguren. Dafür exaktes Fliegen, stetig sachte steigend, trotz Seitenwind ja nicht aus der Spur kommend, mit einem Segler hintendran, der ebenso konzentriert, ohne zu wackeln mir hinterher flog. Diese Teamarbeit fordert noch mehr konzentriertes und exaktes Fliegen als der Einzelflug.“
Verlässlicher Partner
Durch die Aufstockung des Maximalgewichts für den zulassungsfreien Flugbetrieb von 20 auf 25 Kilogramm Abfluggewicht und das bessere Flugverhalten bei größeren Spannweiten, wurden die Dimensionen der Schleppgespanne immer größer. „Nach langer Zeit in der Schleppszene hatte ich mit Walter Keller endlich einen festen und verlässlichen Segelflieger-Partner gefunden. Bis heute fliegen wir als Team zusammen. Wo Walter ist, bin ich nicht weit entfernt.“
Aber trotzdem fehlte Ernst, der seit 1977 ein Schreibwarengeschäft mit Postagentur und Lotto-Annahmestelle führt, bei seinen Modellen das gewisse „Etwas“. Sein Fliegerkollege Walter Keller begann neben der Disziplin Seglerschlepp mit der Fliegerei in der Sparte Motor Großmodelle. Er hatte sich dafür extra einen Motorsegler RF4 mit 5.700 Millimeter im Eigenbau erstellt. „Dies gab mir den Anlass, auch ein Großmodell in Scale-Ausführung zu konstruieren und in Holzbauweise zu realisieren.“
Die Gelegenheit
Ein Vorbild war schnell gefunden, denn passenderweise stand ganz in meiner Nähe auf dem Sportflugplatz in Weißenhorn eine Remorqueur DR 400 mit dem Kennzeichen D-EMOI. „Die Maschine musste generalüberholt werden, was der Verein in Eigenregie machte. Damit hatte ich eine Gelegenheit, welche sich mir nicht ein zweites Mal bot. Ich konnte den ganzen Rohbau und Wiederaufbau dokumentieren. Insgesamt rund 400 Fotos und Zeichnungen hatte ich von der D-EMOI, sogar die originalen Farben der Lackierung.“ Mit diesem Material in der Hand konnte Ernst endlich ein Modell bauen, das dem Original fast wie aufs Haar glich, natürlich mit ein paar wenigen Kompromissen. Unter anderem das Profil der Flächen, die EWD und der Motorseitenzug wurden für eine modelltaugliche Umsetzung angepasst.
„Nach anderthalb Jahren Bauzeit war mein Modell fertig und zum Erstflug bereit. Es war ein Traum – ein Glückswurf, so wie die Maschine flog. Der 140-Kubikzentimeter-King-Boxermotor mit einem 32 x 10-Zoll-Holzprobeller von Menz zog die D-EMOI naturgetreu mit maximal halber Gasstellung durch die Luft. Im Jahr 2010 begann ich, mit der ,Jodel‘ auf Deutschen Meisterschaften in den Sparten Semi-Scale-Motormodelle und Motor-Großmodelle mit zu fliegen.“ Und der Einsatz sollte belohnt werden. Bis 2015 errang Ernst zweimal den Deutschen Meistertitel bei den Semi-Scale-Motormodellen, wurde einmal Deutscher Meister bei Motor-Großmodellen und gewann zweimal den Europa Star Cup. Auch international war Ernst mit seiner DR 400 erfolgreich. „Bei Scale-Treffen in der Schweiz und in Österreich belegte ich den ersten Platz in der Gesamtwertung. Im Frühjahr 2016 überreichte mir der Deutsche Modellfliger Verband in Kassel die Goldene Leistungsnadel mit Diamant.“
Nachfolger
Mit der Jodel hatte Ernst seine meisten Erfolge, weil er die Maschine bis ins Detail dokumentieren, bauen und auch noch originalgetreu fliegen konnte. Und dennoch wird dies Modell nicht seine letzte Wettbewerbsmaschine sein. „Die neue Herausforderung steht schon auf dem Baubrett. Auf Packpapier gezeichnet, die Spanten und Rippen einzeln mit Hand ausgesägt und bearbeitet. Mitte des Jahres 2017 soll die in Holzbauweise eigenkonstruierte Yak 12M mit 4.000 Millimeter Spannweite und einem Sternmotor ihren Schleppdienst beginnen.
Nach vielen Jahren Modellflugerfahrung zieht Ernst ein positives Fazit: „Je älter ich werde, desto glücklicher bin ich, diese Sportart als Hobby ausgesucht zu haben und in einem Verband zu sein, der mir dies auch in Form von Wettbewerben ermöglicht. Mein Leitsatz ist es, diesen faszinierenden Sport zu präsentieren und in die Öffentlichkeit zu tragen, damit wir diesen schwer erkämpften Status des Modellsports auch weiterhin aufrechterhalten. Es hat lange gebraucht, vom Spielzeug-Flieger, Lärmmacher und Umweltverschmutzter-Image weg zu kommen, um dem Modellsport den Stellenwert zu erarbeiten, den er verdient hat. Das Miteinander unter Gleichgesinnten macht unser Hobby stark und so interessant. Gemeinsam etwas zu erreichen, fängt im Verein an und setzt sich bis in den Verband fort. Das hat sich unter anderem bei der Aktion Pro Modellflug gezeigt. Dieser Erfolg wurde von allen gemeinsam errungen.“
„Ich möchte die Gelegenheit nutzen, um mich bei den Wegbegleitern und Vorbildern während meiner Modellsportzeit zu bedanken. Dies sind Juliaan van Aacker, Fritz Eickhoff, Klaus Stöven, Hans und Armin Lutz, Klaus Burchard, Willi Horn, Willi Fuchs und insbesondere Walter Keller.“

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